Nachruf:
Anton Kern

(19572023)


Am 28. Oktober 2023, etwas mehr als 3 Jahre nach dem Tod seiner geliebten Frau Daniela, erlag Toni Kern seinem schweren Krebsleiden. Bis zuletzt, trotz Schmerzen und Chemotherapie, blieb er lebenslustig, augenzwinkernd und kommunikativ mit seinen Freunden und Familie. Sinnbildlich dafür steht wohl sein letzter Eintrag in der WhatsApp Gruppe der Prähistorischen Abteilung, geschrieben von ihm eineinhalb Tage vor seinem Ableben „Here comes the sun“.

Wir verlieren mit ihm einen Menschen, der in der Archäologie übergreifend und alle verbindend agiert hat. Er war sehr besonnen, selbst wenn ihm Unrecht getan wurde, und der, selbst dann, wenn ihn das Leben durch tragische Verluste und andere Turbulenzen beutelte, nicht seinen Humor verlor. Die vielen Anekdoten und wertschätzenden Worte seiner Kollegen, Wegbegleiter und Freunde, die nach der Nachricht über sein Ableben auf seiner Facebookseite geteilt wurden, sprechen hier eine deutliche Sprache.

Geboren am 7.2.1957, führte ihn sein Werdegang aus dem beschaulichen Laa an der Thaya, wo er seine Kindheit und Jugend verbrachte, nach Wien, um hier Geschichte und Englisch Lehramt zu studieren, bevor er sich mit dem Studium für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Wien jener Leidenschaft zuwandte, die ihn von da an sein ganzes Leben begleiten sollte: der Archäologie.

Hofrat Dr. Anton Kern war als herausragende Persönlichkeit in der österreichischen Archäologie in führenden Positionen in verschiedensten Gesellschaften und Körperschaften aktiv tätig, wie etwa dem Archäologischen Rat Österreichs oder dem Verband der Museumsarchäolog*innen. Er war auch Vorstandsmitglied beim „Kuratorium Pfahlbauten“, das das UNESCO Welterbe „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“ managt, sowie Wissenschaftlicher Beirat für das Keltenmuseum Hallein und im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.

Die Anthropologische Gesellschaft in Wien und auch die Österreichische Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (ÖGUF) verlieren mit ihm ein Mitglied des Vorstandes. Er brachte stets viele Ideen mit ein, wenn es um Vorträge, Führungen und sonstige Aktivitäten ging. Das gesellige Zusammensein wurde durch ihn besonders gepflegt, und seine Kochkünste machten so manches Fest zum Highlight. Als leitendes Mitglied im Musealverein Hallstatt förderte er die Vermittlung zum Fundort Hallstatt auch auf lokaler Ebene.
 

In der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums, seiner langjährigen Wirkungsstätte ab 1991, waren die Jahrtausendwende und die ersten Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts unter der Direktorenschaft von Toni Kern (2001-2022) geprägt von einer massiven Zunahme internationaler und interdisziplinärer Forschungskooperationen und der Akquisition von Forschungsprojekten auf nationaler und EU-Ebene (z.B. „Dress ID – Kleidung und Identität im Römischen Reich“ 2007-2012 oder CINBA – Creativity in Bronze Age“ 2010-2013). In den letzten Jahren lag ein starker Fokus auf der Digitalisierung, um unsere Forschung und die dahinterstehenden Prozesse der Öffentlichkeit besser zugänglich zu machen. In Tonis Amtszeit als Direktor der Abteilung wurde auch die 2015 eröffnete Dauerausstellung in den Sälen 11 - 13 (inkl. Gold- und Venuskabinett) des Naturhistorischen Museums modernisiert und neugestaltet. Er initiierte zudem zahlreiche große Wanderausstellungen wie etwa zur Situlenkunst und über die Forschungen in Hallstatt, die in Bibrachte/Frankreich, in der Schweiz, in Deutschland und sogar in Spanien (Alicante) gezeigt wurden.

Die großen und langfristigen Forschungsgrabungen der Prähistorischen Abteilung wie an der Multiphasensiedlung Mannersdorf an der March, jene im keltischen Heiligtum von Roseldorf, in der frühbäuerlichen Siedlung von Brunn am Gebirge oder in der Jäger- und Sammlerstätte Grub Kranawetberg wurden von ihm begleitet.

Seine große Leidenschaft galt jedoch dem Fundort Hallstatt, dessen Erforschung vor allem im Bereich des Gräberfeldes er sich ab 1992 bis zu seiner Pensionierung 2022 intensiv widmete. Wichtige Neufunde, wie das Grab mit dem zweiten Kuh-Kälbchengefäß oder das Grab der Schamanin, sind seinem Wirken zu verdanken. Auch abseits des Gräberfeldes fällt der Fund des spätbronzezeitlichen Blockbaus in seine Forschungen, die auch durch seine guten Kontakte in fruchtbarer Kooperation mit Salinen und Salzwelten durchgeführt werden. Er förderte auch ein populärwissenschaftliches Buch über die Forschungen in Hallstatt, das sogar in zwei Auflagen erschien. Für die UNESCO Welterbestätte Hallstatt/Dachstein-Salzkammergut spielten er und seine Expertise auch eine Rolle bei der Erarbeitung eines Managementplanes, welcher seitens des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung in Auftrag gegeben wurde. Bei den Tätigkeiten zur Wildbach- und Lawinenverbauung, die nach dem Hochwasser in Hallstatt 2013 wichtig wurden, setzte er sich ebenso für eine gute Zusammenarbeit und sachgerechte bauarchäologische Maßnahmen im Hallstätter Hochtal ein, in seiner Rolle als wichtiger Fürsprecher im Schutz des Kulturerbes.

Bei der Öffentlichkeitsarbeit rund um diesen faszinierenden Ort beschritt er mit seinem Team ebenso immer wieder neue Wege. Schon bei der Erhebung des Hallstatt/Dachstein-Salzkammerguts zum UNESCO Welterbe im Jahr 1997 wurde von der Prähistorischen Abteilung des NHM ein Wissenschaftsevent, die spätere „Archäologie am Berg“, veranstaltet, wofür er an der Universität Wien viele Studierende dafür begeistern konnte, als Wissenschaftskommunikatoren mitzuwirken. Die Archäologie am Berg fand dann jährlich statt und wurde von ihm mit vielen Ideen zur Präsentation der neuesten Forschungsergebnisse im Wechsel mit dem Team für das Bergwerk gestaltet. Selbst bei der „Archäologie am Berg“ im September 2023, als er von seiner schweren Krankheit schon sehr beeinträchtigt war, ließ er es sich nicht nehmen, das Event zu besuchen, und sich überall über die neuesten Forschungen zu informieren und die Kollegen mit fröhlichen Bonmots und Erinnerungen zu unterhalten.

Noch bis zuletzt wollte Toni alles geregelt wissen, damit sein Vermächtnis für die Prähistorische Abteilung, für die Gräberfeldforschung in Hallstatt und auch für die Anthropologische Gesellschaft gut gewahrt bleibt. Trotz Krankheit und Schmerzen bewahrte er sich bis zuletzt seine wissenschaftliche Neugierde und sein positives Wesen. Als er bei der „Archäologie am Berg“ von einer Bekannten angesprochen wurde: „Ich hätte noch so viele Fragen“, war seine Antwort: „Die hab ich auch“.  Er wollte noch im Dezember 2023 zur Weihnachtsfeier des Naturhistorischen Museums kommen. Leider war ihm das nicht mehr vergönnt.
In wertschätzender Erinnerung.
 
 
Von Karina Grömer

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