Nachruf
Dr. Ernst Bauernfeind
(1950 – 2025)
Unseren ehemaligen Mitarbeiter Dr. Ernst Bauernfeind habe ich erst sehr spät in seinem nun überraschend schnell am 23. Mai 2025 vollendeten Leben kennengelernt. Er war bereits Pensionist und saß als „Assoziierter Forscher“ relativ regelmäßig an Freitagen oder Wochenenden an der Fensterfront in der entomologischen Sammlung „Neuropterida und angeschlossene Sammlungen“, die früher „Insecta varia“ hieß. Also sozusagen ein Saal für alles Mögliche, im Gegensatz zu den Hautflüglern (Hymenoptera) oder Käfern (Coleoptera), die aufgrund ihrer großen Arten- und Individuenzahlen jeweils in eigenen Sälen verwahrt werden. Zu „alles Mögliche an Insekten“ zählten auch die Eintagsfliegen (Ephemeroptera), die seine große Leidenschaft waren. Die Leidenschaft war so groß, dass er offenbar auch Unannehmlichkeiten in Kauf genommen hat, um seine Sammlung weiter zu bearbeiten und auch digital zugänglich zu machen. Denn so schön der Blick von seinem Arbeitsplatz aus hinüber zur Hofburg war, so kalt war es im Winter. So trug er manchmal über seinem eleganten Anzug einen warmen Mantel, wollte aber nirgendwo anders hin als an seinen Platz, den er sich mit Binokular und Mikroskop, den Laden mit den Dauerpräparate auf Objektträgern im Rücken, dem Rechner auf dem Tisch, den Papieren und Journalen auf beiden Seiten eingerichtet hat.
Geboren wurde Ernst Bauernfeind am 4. Mai 1950 in Wien als Kind des Mittelschullehrers und akademischen Malers Ernst Bauernfeind sowie der akademischen Malerin und Mittelschullehrerin Eva Bauernfeind, geborene Swoboda. Ernst Bauernfeind durchlief eine offenbar normale Schulkarriere, studierte Zoologie und promovierte bei Prof. Friedrich Schaller, einem weit über die Landegrenzen hinaus bekannten Bodenzoologen. Ernst Bauernfeind startete seine Karriere als Lehrer für Naturgeschichte, später für Biologie und Umweltkunde.
Ab dem 17. Februar 1992 wurde er dann aus dem Lehrdienst von der „Stammanstalt Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium“ an das Naturhistorische Museum versetzt. Der damalige Direktor Hofrat Dr. Heinz Kollmann hat eine Planstelle der archäologisch-zoologischen Sammlung in einen Posten in der Vogelsammlung umgewidmet, auf den sich Ernst Bauernfeind erfolgreich beworben hatte. Er war dort bereits zuvor als freiwilliger Mitarbeiter – heute würden wir Citizen Scientist sagen – aktiv.
Den Akten ist zu entnehmen, dass die Unterbesetzung der Stellen in den Sammlungen nicht nur ein aktuelles Problem war – so wurde aufgrund des großen Arbeitsaufwands in der Vogelsammlung um Mehrstunden gebeten, was aber vom Ministerium mit Hinweis auf das Sparpaket abgelehnt wurde.
Ernst Bauernfeind regte die Modernisierung der Schausäle der Vogelsammlung an und beteiligte sich u.a. an verschiedenen Projekten zum Vogelmonitoring.
Am 1. Oktober 2011 wurde er, mittlerweile Hofrat, zum Leiter der Odonata (Libellen)- und Ephemeroptera-Sammlung berufen, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2015 als Mitarbeiter und danach als Ehrenamtlicher wirkte. In meiner Erinnerung wird dieser Platz am Fenster immer mit ihm verbunden bleiben, und die Sammlung an Eintagsfliegen ein Vermächtnis an das Naturhistorische Museum Wien, was auch die Erinnerung an Ernst Bauernfeind in die Zukunft trägt.
Dr. Katrin Vohland
Generaldirektorin NHM Wien