Hinter
den Kulissen:
Museumseintritt | + Führungskarte € 9,–
Anmeldung erforderlich
Mittwoch, 20. März 2024, 17:00 Uhr:
"Nicht-Orte"
im NHM, lyrisch-poetisch interpretiert
Brigitta Schmid (Abteilung für Wissenschaftskommunikation)
INSIDES
Hinter den Kulissen des NHM Wien | Fotografische Einblicke von Stefan Oláh
seit 13.
September 2023
Sonderausstellung im Saal 21
Seit Jahrhunderten verfolgen
Museen die Idee, durch das Sammeln von unterschiedlichsten Dingen und Relikten viele Zeitebenen an einem Ort zu vereinen.
Solche „Räume aller Zeiten“ bezeichnet der Anthropologe Marc Augé (1994) als „Nicht-Orte“: Orte sind üblicherweise durch Identität
und Zeitlichkeit gekennzeichnet. Ein Nicht-Ort hingegen besitzt keine eindeutige zeitliche Identität. Vielmehr setzen sich
darin Beziehungen immer neu zusammen. Der Fotograf Stefan Oláh bildet derartige Beziehungen in seiner neuen Bildserie aus
den Jahren 2022 und 2023 ab. Er entführt uns an Nicht-Orte im Naturhistorischen Museum Wien.
Es ist die erste Fotoserie von Oláh, die ausschließlich in Schwarz-Weiß gehalten ist. Farbfotos verraten mehr über den Zeitpunkt der Aufnahme, die Schwarz-Weiß-Fotografie erschwert hingegen die zeitliche Orientierung. Zeitgebunden sind Ausstattungselemente rund um die Haustechnik, Licht- und Elektroinstallationen oder das Lagermobiliar. Handelt es sich jedoch um Motive, die ausschließlich historisches Inventar zeigen, haucht Oláh dem zeitlosen „Raum aller Zeiten“ eine Spur von Ewigkeitsanspruch ein.
Dies tut er nicht ohne Augenzwinkern. Zu gut kennt er aus seiner jahrelangen Beschäftigung mit dem Backstage-Bereich von Museen das stetige Bemühen, die große Welt im Kleinen zu sammeln, zu ordnen, zu erforschen, zu konservieren und zu verwalten – ein endloser Kampf gegen Windmühlen im Sinne eines kollektiven Gedächtnisses. Den Lanzenritt der vielen Don Quichottes in unseren Museen übersetzt Oláh in wertschätzende Ironie. Dabei greift er nie ein, er inszeniert nicht. Er beobachtet nur präzise. Dann belichtet er auf analogem Filmmaterial das auf seiner Großbildkamera eingefangene Bild.
Stefan Oláhs Beziehungsbilder schaffen aber auch Unbehagen: Die Endlichkeit von Lebenszeit portraitiert er, indem er den Versuch ihrer Überwindung im musealen Raum dokumentiert. Eine verstummte Konferenz der Tiere versammelt er in Form von Stopfpräparaten von Gorilla, Zebra, Seekuh, Büffel, Rotwild und anderen. Aus ewigen Glassärgen glotzen blasse, auf ihrer Schwanzflosse aufrecht tänzelnde Fischleiber. An Todesangst im Zweiten Weltkrieg erinnert die erhaltene Aufschrift „Ruhe bewahren // Rauchen verboten“ an den Wänden im Keller des Museums. Die menschliche Schädelsammlung wird zum Friedhof von Unbestatteten. Und die Darstellungen im Saal 6 erinnern uns an koloniale Landnahmen der Habsburger ebenso wie an die Ausmaße der Pasterze lange vor Erderwärmung und Gletscherschmelze.
Text: Martina Griesser-Stermscheg
Stefan Oláh (geboren 1971 in Wien) studierte Fotografie in München. Er lebt und arbeitet in Wien und Oberösterreich. In seiner künstlerischen Arbeit konzipiert und fotografiert er Bildserien für verschiedenste Kunst-, Kultur- und Wissenschafts-Institutionen. Außerdem widmet er sich der Abbildung von unterschiedlichen Architektur-, Lebens- und Kulturräumen. Seine umfangreichen fotografischen Projekte publizierte er in zahlreichen Bildbänden wie „Museumsdepots – Inside the Museum Storage“ (2014) oder „Bunt, sozial, brutal. Architektur der 1970er Jahre in Österreich“ (2019). Seine Werke sind in Ausstellungen, Galerien, Museen und Privatsammlungen zu sehen.
Es ist die erste Fotoserie von Oláh, die ausschließlich in Schwarz-Weiß gehalten ist. Farbfotos verraten mehr über den Zeitpunkt der Aufnahme, die Schwarz-Weiß-Fotografie erschwert hingegen die zeitliche Orientierung. Zeitgebunden sind Ausstattungselemente rund um die Haustechnik, Licht- und Elektroinstallationen oder das Lagermobiliar. Handelt es sich jedoch um Motive, die ausschließlich historisches Inventar zeigen, haucht Oláh dem zeitlosen „Raum aller Zeiten“ eine Spur von Ewigkeitsanspruch ein.
Dies tut er nicht ohne Augenzwinkern. Zu gut kennt er aus seiner jahrelangen Beschäftigung mit dem Backstage-Bereich von Museen das stetige Bemühen, die große Welt im Kleinen zu sammeln, zu ordnen, zu erforschen, zu konservieren und zu verwalten – ein endloser Kampf gegen Windmühlen im Sinne eines kollektiven Gedächtnisses. Den Lanzenritt der vielen Don Quichottes in unseren Museen übersetzt Oláh in wertschätzende Ironie. Dabei greift er nie ein, er inszeniert nicht. Er beobachtet nur präzise. Dann belichtet er auf analogem Filmmaterial das auf seiner Großbildkamera eingefangene Bild.
Stefan Oláhs Beziehungsbilder schaffen aber auch Unbehagen: Die Endlichkeit von Lebenszeit portraitiert er, indem er den Versuch ihrer Überwindung im musealen Raum dokumentiert. Eine verstummte Konferenz der Tiere versammelt er in Form von Stopfpräparaten von Gorilla, Zebra, Seekuh, Büffel, Rotwild und anderen. Aus ewigen Glassärgen glotzen blasse, auf ihrer Schwanzflosse aufrecht tänzelnde Fischleiber. An Todesangst im Zweiten Weltkrieg erinnert die erhaltene Aufschrift „Ruhe bewahren // Rauchen verboten“ an den Wänden im Keller des Museums. Die menschliche Schädelsammlung wird zum Friedhof von Unbestatteten. Und die Darstellungen im Saal 6 erinnern uns an koloniale Landnahmen der Habsburger ebenso wie an die Ausmaße der Pasterze lange vor Erderwärmung und Gletscherschmelze.
Text: Martina Griesser-Stermscheg
Stefan Oláh (geboren 1971 in Wien) studierte Fotografie in München. Er lebt und arbeitet in Wien und Oberösterreich. In seiner künstlerischen Arbeit konzipiert und fotografiert er Bildserien für verschiedenste Kunst-, Kultur- und Wissenschafts-Institutionen. Außerdem widmet er sich der Abbildung von unterschiedlichen Architektur-, Lebens- und Kulturräumen. Seine umfangreichen fotografischen Projekte publizierte er in zahlreichen Bildbänden wie „Museumsdepots – Inside the Museum Storage“ (2014) oder „Bunt, sozial, brutal. Architektur der 1970er Jahre in Österreich“ (2019). Seine Werke sind in Ausstellungen, Galerien, Museen und Privatsammlungen zu sehen.