Quantifizierung der Fließeigenschaften von Karstwässern 

FWF-Projekt P36065-N

Karstgebiete sind entscheidende Systeme für das Grundwasser, welche den Ursprung des Trinkwassers für ca. 50 % der Bevölkerung in Österreich und etwa 25 % der Bevölkerung in Europa darstellen. Unter Karst versteht man komplexe, überwiegend unterirdische Entwässerungssysteme und besondere Geländeformen, die durch die Lösung von Gestein (meist Kalkstein) entstanden sind. Hinsichtlich des Grundwasserflusses im Gebirge kann man die teilweise wassergefüllte vadose Zone und die vollständig wassergefüllte phreatische Zone unterhalb des Grundwasserspiegels unterscheiden. In der vadosen Zone sorgen die durch die Auflösung entstandenen Karsthöhlen und -schächte für einen schnellen Wasserabfluss. Dies wiederum macht das Grundwasser in der phreatischen Zone, welches die Trinkwasserquellen speist, anfällig für Verunreinigungen. Für die Grundwassermodellierung und -bewirtschaftung ist daher ein detailliertes Verständnis der Wasserwege sowie der Wasserspeicherung im Gestein und den Höhlen erforderlich. Karsthöhlen ermöglichen einen direkten Zugang und damit Messungen in der vadosen Zone.
In dieser Studie konzentrieren wir uns auf das Karstmassiv Hochschwab, in dem mehr als 1000 überwiegend schachtartige Höhlen bekannt sind. Das Gebiet ist von besonderer Bedeutung, da es die Wasserversorgung der Städte Wien und Graz sicherstellt. In den letzten Jahrzehnten wurden in diesem Gebiet zahlreiche Studien zur Gesteinsbildung und -struktur, zu den Wasserverhältnissen sowie zu Höhlen und Karstmerkmalen durchgeführt, die eine gute Grundlage für dieses Projekt bilden. Keine dieser Studien hat sich jedoch mit geophysikalischen Langzeitbeobachtungen befasst.
Zur Untersuchung des Wasserflusses und der Wasserspeicherung in der vadosen Zone sowie der Grundwasserneubildung und -speicherung im Karstsystem werden wir verschiedene geophysikalische Methoden einsetzen, die es ermöglichen, Veränderungen der Grundwassereigenschaften zu überwachen und Gebiete zu untersuchen, die mit herkömmlichen hydrologischen Sensoren nicht zugänglich sind.  Die geophysikalischen Ergebnisse werden durch Messstationen an den Höhlenbächen unterstützt, die direkte Informationen liefern können, z. B. wie schnell sie auf Regen reagieren.
Die Anwendung verschiedener Methoden soll zu einer gemeinsamen Analyse der Daten sowie zu einer interdisziplinären Auswertung der Ergebnisse führen. Ziel des Projektes ist es, einen Zusammenhang zwischen den Bruchflächen im Gestein und den ober- und unterirdischen Karstformen mit den Fließ- und Speichereigenschaften des Wassers zu finden.
Für die Durchführung ist eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen der Karst- und Höhlengruppe am Naturhistorischen Museum Wien und dem Department für Geodäsie und Geoinformation der TU Wien, insbesondere der Forschungsgruppe für Geophysik, vorgesehen. Die Ergebnisse des Projekts werden auch mit anderen Gruppen, die sich mit Grundwassermanagement und -modellierung beschäftigen, diskutiert.
:
:
:
Dolinen am Hochschwabplateau. Blick nach Westen von den Aflenzer Staritzen Richtung Hochschwabgipfel (im Hintergrund links).

Die Kläfferquellen an der Hochschwab-Nordseite (hier bei der Schneeschmelze) sind die bedeutendsten Quellen der Ostalpen und der Wiener Wasserversorgung.

Blick nach unten in einen 98 m tiefen Schacht in der vadosen Zone des
Hochschwab-Karstmassivs (Steinbockschacht). Foto: Agnes Berentes
:
  
Online-Tickets