Nähtechnik der Hallstatt-Textilien

Alle Sticharten und Nähtechniken, die bis heute in der Handnäherei üblich sind, wurden spätestens in der Bronzezeit in Europa entwickelt. Die Hallstätter Funde zeigen vielfältige Möglichkeiten zur Anfertigung von Nähten und Säumen. Reparaturen beschädigter Gewebe wurden oft sehr sorgsam ausgeführt, worin sich eine große Wertschätzung für die Textilien erkennen lässt.

Nähte und Säume
Wert(schätzung) von Textilien

 

Nähte und Säume

Wer so eindrucksvolle Gewebe herstellt, kann sie auch entsprechend weiterverarbeiten. So ist es nicht verwunderlich, dass sich unter den Textilfunden etliche Stücke mit Nähten und Säumen finden. Die damals angewendeten Stiche waren vor allem der Überwindlingsstich und der Saumstich. Es gibt auch Belege für den Vorstich, den Stielstich, den Feston- und den Knopflochstich. Neben einfachen Nähten kommen Kapp- und Ziernähte vor. Säume werden wie heute zweimal umgelegt und angenäht, bereits versäuberte Kanten nur einmal.
Es gibt unter den Textilien aus Hallstatt auch Hinweise auf planvolle Schneiderei. So wurden bogige Säume gestaltet, ein Exemplar besteht aus sechs zusammengenähten Teilen, von denen zwei trapezförmig zugeschnitten und dann zusammengenäht wurden.
 

Wert(schätzung) von Textilien

Die Wertschätzung, die man damals Textilien entgegenbrachte, belegen die sorgfältigen Reparaturarbeiten. Bei einem hallstattzeitlichen Textil wurde beispielsweise ein Flicken auf einem Karostoff so aufgenäht, dass man kaum eine Störung im Muster bemerkt.

Die Textilien waren damals wie heute Gebrauchsgüter des täglichen Lebens, und neben der praktischen Funktion als Kleidungsstück, wollener Fördersack, Decke, Futter einer Schwertscheide, Wandbehang etc. kam ihnen eine bedeutende Funktion bei der Selbstdarstellung und Repräsentation der Menschen zu. So passen gerade die feinen und kostbaren Stoffe gut zu einer Gemeinschaft wie die der eisenzeitlichen Bergleute in Hallstatt, deren Gräber im Salzbergtal auch einen besonderen Wohlstand bezeugen. Aus dem zeitgleichen antiken Griechenland weiß man, dass Textilien wertvolle Gastgeschenke und sogar Weihegaben für die Götter waren.


: Nähnadeln aus dem Gräberfeld Hallstatt. (Bild: A. Schumacher - NHM Wien)
Nähnadeln aus dem Gräberfeld Hallstatt. (Bild: A. Schumacher - NHM Wien)
: In prähistorischer Zeit bekannte Sticharten (Bild: H. Mautendorfer - NHM Wien)
In prähistorischer Zeit bekannte Sticharten (Bild: H. Mautendorfer - NHM Wien)
: Prähistorische Reparatur eines Textils. (Bild: H. Reschreiter - NHM Wien)
Prähistorische Reparatur eines Textils. (Bild: H. Reschreiter - NHM Wien)
: Säume von Hallstatt-Textilien (Bild: H. Mautendorfer - NHM Wien)
Säume von Hallstatt-Textilien (Bild: H. Mautendorfer - NHM Wien)
  
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