Erkenntnisse der Holzwissenschaft
Die Holzwissenschaft verfügt über vielfältige Methoden, unter anderem der Holzartenbestimmung und der Holzdatierung, durch
welche die Ergebnisse archäologischer Forschungen oftmals eine umfangreiche Ergänzung erfahren. Für die Hallstatt-Forschung
mit ihren äußerst gut erhaltenen prähistorischen Holzfunden, die vorrangig im Bergwerk entdeckt werden, gilt dies in besonderem
Maße.
Dendrochronologie
Referenzkurven in der Dendrochronologie
Aufbau der Referenzkurve für Hallstatt
Datierung von Leuchtspänen
Datierung von Sonderfunden mit Hilfe von CT
Dendrochronologie
Mit der Dendrochronologie (Jahrringanalyse) ist uns ein Instrument in die Hand gegeben, prähistorische Holzfunde jahrgenau
zu datieren. Ein lebender Baum bildet in unseren Breiten jährlich eine Zellhülle aus, die sich, bildlich gesprochen, jeweils
aufs Neue über den gesamten Holzkörper des Baumes stülpt. Ein kalter Winter, ein regenreicher Sommer – beide beeinflussen
in verschiedenster Weise das Leben eines Baumes und damit auch sein Wachstum. So wächst eine Tanne in einem warmen und regenreichen
Sommer besser als in einem heißen und trockenen. Die Unterschiede lassen sich durch die Messung der Breiten der Jahrringe
feststellen.
Referenzkurven in der Dendrochronologie
Die Abfolge der Jahrringe, die ein Baum Zeit seines Lebens bildet, ist sehr charakteristisch. Die Basis jeder dendrochronologischen
Datierung ist der Aufbau einer lückenlosen Kette von Jahrringabfolgen – eine Referenzkurve oder Chronologie – zurück in die
Vergangenheit. Den Ausgangspunkt dieser Kurve bilden Bäume unserer Gegenwart. Durch das Aneinanderreihen vieler Jahrringsequenzen
von Einzelbäumen und Einzelproben aus historischen Bauten und von archäologischen Grabungen wird diese Kurve in die Vergangenheit
verlängert. Zur Datierung eines Objektes aus Holz muss dessen Jahrringabfolge genau mit der Referenzkurve verglichen werden,
um deren exakte Position auf dieser Kurve und somit das Alter des Objekts zu bestimmen. Statistische Parameter liefern Hinweise
auf mögliche Synchronlagen, welche visuell überprüft werden. Ist an den zu datierenden Holzproben noch Rinde („Waldkante“)
zu sehen, kann auf das Jahr genau das Fällungsdatum des Baumes ermittelt werden.
Aufbau der Referenzkurve für Hallstatt
Für die Datierungen von Hölzern aus Hallstatt musste eine eigene Referenzkurve aufgebaut werden. Das potenzielle Einzugsgebiet
für Rundholz im Salzbergtal von Hallstatt erstreckt sich von rund 900 m bis auf rund 1600 m Seehöhe. Die bereits bestehenden
Kurven anderer Labors, die bis in die Bronzezeit zurückreichen, wurden entweder in wesentlich geringerer Seehöhe, z. B. mit
Hölzern aus den Seeufersiedlungen Deutschlands und der Schweiz, oder in sehr großer Seehöhe, an der Baumgrenze, erstellt.
Der erste Schritt zum Aufbau dieser Chronologie war die Beprobung lebender Bäume, wie z. B. im Bereich der Sattelalm, historischer
Bauten und prähistorischer Hölzer. Doch klafft zwischen den in historischen Bauten erhaltenen Hölzern (die ältesten stammen
aus dem 12. Jahrhundert n. Chr.) und den bronzezeitlichen Holzobjekten (16.-13. Jh. v. Chr.) eine Lücke von etwa 2500 Jahren.
Zur Lösung dieses Problems macht sich die Dendrochronologie folgenden Umstand zunutze: In manchen Gebirgsseen und Mooren haben
sich, aufgrund besonderer Umstände, Holzstämme erhalten, die vor Jahrhunderten und Jahrtausenden in den See oder das Moor
gefallen waren. Diese Hölzer müssen geborgen und beprobt werden.
Für die Hallstätter Referenzkurve Wege der Forschung wurden im Jahr 1999 konservierte Baumstämme aus dem Schwarzen See beprobt.
Aus mehr als 200 Proben von Baumstämmen konnte eine gemischte Chronologie aus Fichte und Lärche durchgehend bis 1474 v. Chr.
aufgebaut werden. Um diese Chronologie zu verbessern, wurden im Jahr 2004 mehr als 300 Holzproben aus dem Karmoos geborgen.
Das Karmoos ist ein Hochmoor in 1390 m Seehöhe, oberhalb des Salzbergtales. Diese Jahrringbreitenserien konnten mit der Chronologie
vom Schwarzen See datiert werden.
Es konnte somit eine durchgehende Karmoos-Chronologie aus Fichtenholz bis 1523 v. Chr. aufgebaut werden. Somit steht nun eine
Referenzchronologie für die prähistorischen Holzgegenstände aus dem Salzbergbau in Hallstatt zur Verfügung. Dadurch war es
möglich, den Großteil der prähistorischen Hölzer aus dem Christian von Tuschwerk, u.a. jene der ältesten Holzstiege Europas
(1344 und 1343 v. Chr.) und sogar Hackabfälle und Leuchtspäne, zu datieren.
Datierung von Leuchtspänen
Großes Interesse bestand jedoch auch an einer Datierung von Leuchtspänen. Diese kleinen Holzfragmente, die aus dem äußersten
Teil der Baumstämme, zumeist Tannen, gespalten wurden, weisen teilweise bis zu 80 Jahrringe auf. Die Jahrringbreiten der Proben
werden am feinst geschliffenen Holzquerschnitt gemessen. Nur am Querschnitt lassen sich die Jahrringe eindeutig erkennen.
Die Messung erfolgt mithilfe eines Messtisches unter einem Mikroskop. Es ist notwendig, jede einzelne Holzzelle erkennen zu
können. Nur so ist sichergestellt, dass man alle Jahrringe, die zum Teil nur aus wenigen Zellreihen bestehen, erfassen und
messen kann. Im Zuge der Messung wird auch die Holzart anhand einiger Details, wie z. B. des Vorhandenseins von Harzkanälen,
bestimmt.
Die Datierung der Hölzer erfolgt in mehreren Schritten. Nach der Vermessung wird überprüft, ob Hölzer aus demselben Grabungsbereich
untereinander zusammenpassen. Ist das der Fall, können Mittelkurven aus den synchronen Jahrringbreitenverläufen erstellt werden
– auch wenn diese noch kein Kalenderdatum aufweisen. Die Datierung der Hölzer aus dem Christian von Tuschwerk erfolgte auch
auf diesem Weg. Mehr als 100 Proben wurden intern zu einer 282 Jahre langen Mittelkurve synchronisiert. Deren Endjahr konnte
dann mit der Dachstein-Hallstatt-Chronologie auf 1245 v. Chr. eindeutig datiert werden.
Datierung von Sonderfunden mit Hilfe von CT
Besondere Holzgegenstände, wie zum Beispiel Gefäße aus Holz, oder die Pickelstiele, dürfen natürlich nicht beprobt werden.
Eine Möglichkeit, an diesen Gegenständen trotzdem die Jahrringbreiten zu vermessen, bietet die Röntgen-Computertomographie.
So wurden sowohl an der Fachhochschule in Wels als auch in Nara, Japan, Versuche unternommen, die einzigartigen Fundstücke
zu datieren. Die aufwendigen Arbeiten mit der Röntgen- Computertomographie weisen auch bereits erste Erfolge auf. So konnte
unter anderem ein Pickelstiel aus dem Christian von Tuschwerk datiert werden. Die Buche, aus der die Schäftung geschnitzt
wurde, war 1403 v. Chr. gefällt worden.