Leder, Felle und Häute aus dem Hallstätter Bergwerk

Häute und Felle dienten im Bergwerk als Rohmaterialien für verschiedene Zwecke. Als wichtige technische Werkstoffe wurden sie für den Bau von Tragsäcken und für die Herstellung von Riemen eingesetzt, aber auch für den Arbeitsschutz, in Form von Handledern. Vermutlich wurden auch mehrere Felle zu Transportzwecken zusammengenäht. Daneben wurden sowohl Häute als auch Felle zu Kopfbedeckungen, Schuhen, wahrscheinlich auch zu Bekleidung weiterverarbeitet. Fraglich ist jedoch, ob es sich dabei um normale Alltagskleidung handelt oder um eine spezialisierte, an die Gegebenheiten im Bergwerk angepasste Kleidung bzw. passendes Schuhwerk. Auch eine Sekundärverwendung, wie bei den Textilien, muss in Betracht gezogen werden.

Ausgangsmaterial und Konservierung
Unterschiede im Gebrauchswert
Aufbau tierischer Haut
Gerbung
Mechanisches Weichmachen
Zuschneiden
Nähte
Kürschnerarbeiten, Riemen & Co.
Tierarten
 

Ausgangsmaterial und Konservierung

Als Ausgangsmaterial für die Lederherstellung dient die abgezogene Haut eines Tieres. Doch sofort nach dem Tod desselben setzt ein natürlicher Fäulnisprozess ein. Um die Haut während der Lagerung möglichst unverändert zu erhalten, wird diese „konserviert“. Bei der Wahl der Konservierungsmethode sind das vorherrschende Klima und die technischen Möglichkeiten ausschlaggebend. Eine konservierte Haut ist aber kein Leder. Im prähistorischen Hallstatt sind folgende Methoden der Konservierung denkbar: Salzen, Trocknen oder Kühlen. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Häute und Felle nicht sofort nach dem Abziehen weiterverarbeitet wurden.
 

Unterschiede im Gebrauchswert

Nicht aus jeder Rohhaut kann Leder für jeden Zweck hergestellt werden, deshalb ist die Kenntnis des Rohmaterials wichtig. Grundsätzlich kann jede tierische Haut gegerbt werden. Die Häute und Felle der einzelnen Tiere unterscheiden sich in ihrer Struktur stark und haben unterschiedlichen Gebrauchswert. Dieser hängt ab von Rasse, Alter, Geschlecht, Lebensraum und den Lebensbedingungen.
 

Aufbau tierischer Haut

Die tierische Haut besteht aus drei Schichten: der Oberhaut, der Lederhaut und dem Unterhautbindegewebe. Die dünne Oberhaut ist aus Keratin-Epithelgewebe aufgebaut und wird grundsätzlich bei der Lederherstellung entfernt. Die Lederhaut, die den Großteil des Hautquerschnittes ausmacht und die wichtigste Schicht darstellt, wird ihrerseits in eine obere Narbenseite und eine untere Fleischseite unterteilt. Wenn die Narbenseite unbeschädigt erhalten ist, erkennt man eine charakteristische Anordnung der Haarporen, anhand derer man idealerweise das Fundstück der jeweiligen Tierart zuordnen kann. Das Unterhautbindegewebe, die unterste Schicht der Haut, ist nicht zur Lederherstellung geeignet und wird mechanisch entfernt. Am Hallstätter Fundmaterial kann man an der Fleischseite Arbeitsspuren und Reste von Unterhautbindegewebe beobachten.
 

Gerbung

Die Umwandlung der Haut in das nicht mehr faulende Leder erfolgt durch die Gerbung – ein vorwiegend chemischer, möglichst nicht umkehrbarer Prozess. Für die Urgeschichte sind verschiedene Gerbmethoden und gerbähnliche Verfahren bekannt. Wie die Haut- und Fellfunde in Hallstatt behandelt wurden, ist noch nicht gänzlich geklärt. Sicher scheint zu sein, dass sie nicht mit vegetabilen Gerbstoffen behandelt wurden, da bisher keine Tannine nachgewiesen werden konnten. Es gibt auch keine Hinweise auf Alaungerbung. Am ehesten kommt ein gerbähnliches Verfahren in Frage, bei dem ein „Rohhautleder“ (beschrieben in der Ilias und in römischen Texten) erzeugt wurde. Es handelt sich dabei um eine gereinigte, eventuell enthaarte, entfleischte, aufgespannt getrocknete und dabei wiederholt mit Fett eingeriebene Haut.
 

Mechanisches Weichmachen

Für ein lockeres Fasergefüge bzw. um verklebte Fasern voneinander zu trennen, werden Leder oder Felle mechanisch weich gemacht. Das kann entweder mit Hilfe von Werkzeug oder von Hand durchgeführt werden. Arbeitsspuren, die von mechanischen Weichmachern stammen könnten, sind an den Stücken aus Hallstatt vorhanden. Vor allem bei Gegenständen, die genäht werden, ist diese Behandlung sinnvoll.
 

Zuschneiden

Um aus dem hergestellten Leder oder Fell die erwünschten Gegenstände zu erhalten, muss das Material weiterverarbeitet werden. Dafür wird es im Allgemeinen mit Hilfe eines Ledermessers auf die passende Größe und Form zugeschnitten. Wie sorgfältig solche Schneidearbeiten durchgeführt wurden, kann man an Tragesäcken, Schuhen, an Kopfbedeckungen und „Armbändern“ beobachten.
 

Nähte

Zum Nähen von Haut bzw. Fell werden mittels einer Ahle Löcher vorgestochen bzw. mit einem Messer Schlitze angebracht. Immer wieder treten an den Funden ganz grobe Nähte auf. Hierbei dürfte es sich um notdürftig durchgeführte Reparaturen handeln. Meist wurde Bast, teilweise wurden Hautstreifen zum Reparieren verwendet. Aber es sind nicht nur die technischen Details, die beeindrucken. Öfters finden sich formschöne Verzierungen, wie Zickzack- Ränder, eingeritzte geometrische Muster oder Durchbruchsarbeiten wie an den sogenannten „Armbändern“.
 

Kürschnerarbeiten, Riemen & Co.

Eine eher unscheinbare, aber umso interessantere Fundgruppe stellen die vielen verschiedenen Riemen, Bänder, Schnüre und Gurte dar. Es gibt sie in allen möglichen Größen. Sie wurden vielfältig als Nähmaterial, als Bindematerial für Werkzeug, als „Schnürriemen“ für Schuhe usw. eingesetzt. Um sie zu verlängern, wurden die Riemen durch Knoten miteinander verbunden oder mittels Endschlitzen aneinander gestückelt.An einigen Fellfragmenten lässt sich auch die damalige „Kürschnerarbeit“ erkennen. Zwei einfärbige  Felle von unterschiedlicher Färbung wurden wohl bewusst kombiniert, indem man sie miteinander vernäht und verarbeitet hat. So entstand ein reizvolles Farbenspiel.
 

Tierarten

Bei mikro- und makroskopischen Untersuchungen an 229 eisenzeitlichen Funden wurde festgestellt, dass folgende Tierarten für Leder- und Fellproduktion verwendet wurden: bei den 87% aus Viehbestand stammenden Funden überwog das Schaf mit 70,5%, es folgten die Ziege (21,5%) und das Rind (8%). 32% der untersuchten Funde stammen von Wildtieren. Hier gab es bei der Bestimmung von Rotwild und Ziege durch ähnlich strukturierte Haare Schwierigkeiten. Bei ca. 11% der Gesamtfunde kann nur vermutet werden, dass es sich bei den Fellen um Gämse und Steinbock handelt. Weiters ist es wahrscheinlich, dass es im Fundmaterial zwei Hundefelle und Felle von Marder oder Haselmaus gibt.


: Aufwendig gefertigte bronzezeitliche Kopfbedeckung: Der Rand der Mütze wurde mit einem umlaufenden Riemen versteift. Den oberen Abschluss der Mütze bilden zwei halbkreisförmige Hautstücke, an denen auch die Verzierung angebracht ist. Die Riemen, die nicht mehr zur Gänze erhalten geblieben sind, hängen an den Seiten der Mütze herab. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
Aufwendig gefertigte bronzezeitliche Kopfbedeckung: Der Rand der Mütze wurde mit einem umlaufenden Riemen versteift. Den oberen Abschluss der Mütze bilden zwei halbkreisförmige Hautstücke, an denen auch die Verzierung angebracht ist. Die Riemen, die nicht mehr zur Gänze erhalten geblieben sind, hängen an den Seiten der Mütze herab. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
: Die zweite Sackart ist viel häufiger vertreten. Es wäre denkbar, dass diese Säcke zum Umlagern von Hauklein, das beim Schrämmen der herzförmigen Platten anfiel, verwendet wurden. Die Abnutzungsspuren an diesen Stücken beweisen eindeutig, dass sie lange in Verwendung standen und häufig repariert wurden.  Sie weisen keine erkennbare Tragevorrichtung und Verschlusseinrichtung auf. Doch die „Beinstummel“ sind stark beansprucht und dürften als Griffe gedient haben. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
Die zweite Sackart ist viel häufiger vertreten. Es wäre denkbar, dass diese Säcke zum Umlagern von Hauklein, das beim Schrämmen der herzförmigen Platten anfiel, verwendet wurden. Die Abnutzungsspuren an diesen Stücken beweisen eindeutig, dass sie lange in Verwendung standen und häufig repariert wurden. Sie weisen keine erkennbare Tragevorrichtung und Verschlusseinrichtung auf. Doch die „Beinstummel“ sind stark beansprucht und dürften als Griffe gedient haben. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
: „Armband“ aus dem bronzezeitlichen Christian von Tuschwerk: Nur ein geringer Teil der Funde ist vollständig erhalten. Die meisten Leder- und Fellgegenstände kommen in Form von Fragmenten zum Vorschein, häufig bleibt ihre ursprüngliche Funktion offen. Auch bei vollständigen Fundstücken ist die Funktion nicht immer offensichtlich. Ob es sich bei diesem Stück tatsächlich um ein Armband handelt, ist fraglich. Allerdings ergeben sich im Zuge der Bearbeitung immer wieder neue Ideen bzw. Lösungsmöglichkeiten für diese Objekte. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
„Armband“ aus dem bronzezeitlichen Christian von Tuschwerk: Nur ein geringer Teil der Funde ist vollständig erhalten. Die meisten Leder- und Fellgegenstände kommen in Form von Fragmenten zum Vorschein, häufig bleibt ihre ursprüngliche Funktion offen. Auch bei vollständigen Fundstücken ist die Funktion nicht immer offensichtlich. Ob es sich bei diesem Stück tatsächlich um ein Armband handelt, ist fraglich. Allerdings ergeben sich im Zuge der Bearbeitung immer wieder neue Ideen bzw. Lösungsmöglichkeiten für diese Objekte. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
: Daneben gibt es noch mehrere Exemplare einer flachen Art, die den modernen Baskenmützen sehr ähnlich waren. Sie wurden aus einem Schaffell kreisrund zugeschnitten und am Rand mit einem Lederriemen zusammengezogen. Diese Mützen hat man mit der Haarseite nach außen getragen. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
Daneben gibt es noch mehrere Exemplare einer flachen Art, die den modernen Baskenmützen sehr ähnlich waren. Sie wurden aus einem Schaffell kreisrund zugeschnitten und am Rand mit einem Lederriemen zusammengezogen. Diese Mützen hat man mit der Haarseite nach außen getragen. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
: Rucksack aus Ziegenhaut: Im eisenzeitlichen Salzbergbau finden sich keine Hinweise mehr auf wollene Transportsäcke, doch stößt man nun regelmäßig auf „Ledersäcke“. Diese sind aus Ziegenhaut gefertigt. Es handelt sich dabei um absolute Unikate. Zwei Arten von Säcken wurden hergestellt. Bei der ersten Sackart handelt es sich um ein Einzelstück. Dieses wirkt auf den ersten Blick wie ein „moderner“ Rucksack. Der einzige grundlegende Unterschied zu heutigen Exemplaren besteht darin, dass er von der Unterseite befüllt werden musste. Durch Umschlagen des unteren Randes wurde der Rucksack verschlossen. Einmal geschultert, fixierte das Gewicht des Inhalts von selbst den Verschluss. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
Rucksack aus Ziegenhaut: Im eisenzeitlichen Salzbergbau finden sich keine Hinweise mehr auf wollene Transportsäcke, doch stößt man nun regelmäßig auf „Ledersäcke“. Diese sind aus Ziegenhaut gefertigt. Es handelt sich dabei um absolute Unikate. Zwei Arten von Säcken wurden hergestellt. Bei der ersten Sackart handelt es sich um ein Einzelstück. Dieses wirkt auf den ersten Blick wie ein „moderner“ Rucksack. Der einzige grundlegende Unterschied zu heutigen Exemplaren besteht darin, dass er von der Unterseite befüllt werden musste. Durch Umschlagen des unteren Randes wurde der Rucksack verschlossen. Einmal geschultert, fixierte das Gewicht des Inhalts von selbst den Verschluss. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
:  Als Einzelstück wurde im hallstattzeitlichen Bergbau eine weiche Zipfelmütze aus Fell geborgen, die man offenbar mit der Haarseite nach innen getragen hatte. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
Als Einzelstück wurde im hallstattzeitlichen Bergbau eine weiche Zipfelmütze aus Fell geborgen, die man offenbar mit der Haarseite nach innen getragen hatte. (Bild: A. W. Rausch - NHM Wien)
  
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