Die Technologie zur Herstellung der Hallstatt-Textilien

Die Textilien aus dem Hallstätter Bergwerk wurden mithilfe von Gewichtswebstühlen angefertigt. Die Fäden dafür wurden mit Handspindeln hergestellt. Durch unterschiedliche Spinnrichtung der verwendeten Fäden konnten bereits in der Bronzezeit feine Muster in einfarbige Stoffe gewoben werden. Daneben waren farbige Streifen und karierte Stoffe beliebt. Auch Zierbänder, die mit Band- und Brettchenweberei hergestellt wurden, fanden Verwendung.

Gewichtswebstühle
Spinnen mit der Handspindel
Band- und Brettchenwebtechnik
Ergebnisse experimentalarchäologischer Versuche
 

Gewichtswebstühle

Gefertigt wurden großflächige Gewebe auf dem einfachen Gewichtswebstuhl. Archäologisch ist dieses Gerät durch bronze- und eisenzeitliche Webgewichte in Siedlungsbefunden nachgewiesen. Zudem gibt es zeitgenössische Abbildungen von spinnenden und am Gewichtswebstuhl webenden Personen, etwa auf einem hallstattzeitlichen Gefäß aus Sopron, Ungarn. Beim Weben auf dem Gewichtswebstuhl werden die Kettfäden in gewünschter Länge abgeschnitten, am oberen Ende des Webstuhles aufgehängt und mit den Gewichten beschwert.

Mit diesem Gerät können verschiedene Webstrukturen hergestellt werden, die auch heute noch in Gebrauch sind. Die einfachste ist die Leinwandbindung. Köperbindung taucht in Mitteleuropa, durch die Funde aus Hallstatt belegt, ab der Mittelbronzezeit auf. In der Eisenzeit kannte man auch dekorative Varianten wie den Fischgrat- und den Rautenköper.
 

Spinnen mit der Handspindel

Selbst die feinsten Fäden wurden in der Urgeschichte mit der Handspindel, einem Stäbchen mit einem Spinnwirtel als Schwungmasse, hergestellt. Die Handspindel ist in unserem Raum seit dem Beginn der Jungsteinzeit vor 7500 Jahren in Gebrauch und wurde erst am Ende des Mittelalters langsam durch das Flügelspinnrad verdrängt. Da schon für die Eisenzeit in Hallstatt unterschiedliche Fadenqualitäten feststellbar sind, die dem heutigen Kamm- und Streichgarn ähneln, müssen wir von differenzierten Vorbereitungsarbeiten ausgehen.

Leicht auseinandergezupftes Wollvlies, das locker versponnen wird, bildet ein wärmendes und weicheres Garn, gekämmte Wolle, scharf versponnen, bildet einen Faden mit einer glatten, glänzenden Oberfläche, der wegen seiner Festigkeit zu einem strapazierfähigen Gewebe verwoben werden kann. Beim Spinnen wird ein begonnener Faden auf die Handspindel gewickelt. Diese wird in Drehung versetzt, und das in einer Hand gehaltene Wollvlies wird zu einem gleichmäßigen Faden verzogen. Dieser wird, wenn er eine gewisse Länge erreicht hat, aufgewickelt, und dann beginnt das Ganze von vorn.
 

Band- und Brettchenwebtechnik

Bortenbesätze in Band- und Brettchenwebtechnik durften natürlich auch nicht fehlen. Sowohl die Bandweberei als auch die Brettchenweberei eignet sich zur Herstellung schmaler, fester Bänder. Bei der Bandweberei werden ein einfaches Webgitter oder Litzenstäbe verwendet, die Muster entstehen – wie bei heutigen Trachtenbändern – durch verschiedenfarbige Kettfäden.

Bei der weitaus komplexeren Technik des Brettchenwebens werden die meist unterschiedlich gefärbten Kettfäden durch die Löcher viereckiger Brettchen geführt. Das Drehen der Brettchen und das Durchführen des an der Oberfläche nicht sichtbaren Schussfadens bestimmen den Webvorgang. Die Vielzahl an Möglichkeiten, diese Brettchen zu bewegen – vor- und rückwärts drehen, seitwärts klappen oder übereinander heben – ermöglichen es, eine Fülle an Mustern herzustellen. Die aus Hallstatt überlieferten Muster haben teilweise Mustersequenzen von bis zu 80 verschiedenen Bewegungsabfolgen.
 

Ergebnisse experimentalarchäologischer Versuche

So einfach das Prinzip des Spinnens auch ist, die Herstellung besonders feiner und gleichmäßiger Fäden, wie wir sie aus dem hallstattzeitlichen Grubenbereich kennen, war sehr zeitaufwendig. Durch experimentalarchäologische Versuche wurde ermittelt, dass für die Herstellung eines etwa 2 x 1,5 m großen Stoffstückes in kompliziertem Diamantköper (Fadenstärke ca. 0,5 mm, Gewebedichte von 12 - 14 Fäden pro Zentimeter) etwa 10 km Faden benötigt werden. Die Zeit, die insgesamt für das Spinnen, Weben und Fertigstellen des Stoffes aufgewendet werden muss, beläuft sich auf 400 - 500 Arbeitsstunden.


: Spinnen mit der Handspindel. (Bild: G. Grömer)
Spinnen mit der Handspindel. (Bild: G. Grömer)
: Bewegungsablauf beim Spinnen von Woller mit "hängender" Spindel (Fallspindel). (Bild: K. Grömer - NHM Wien)
Bewegungsablauf beim Spinnen von Woller mit "hängender" Spindel (Fallspindel). (Bild: K. Grömer - NHM Wien)
: Nachbau eines prähistorischen Gewichtswebstuhls im Freilichtmuseum Schwarzenbach / NÖ. (Bild: K. Grömer - NHM Wien)
Nachbau eines prähistorischen Gewichtswebstuhls im Freilichtmuseum Schwarzenbach / NÖ. (Bild: K. Grömer - NHM Wien)
  
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