Wirbellose / Gliederfüßer -
Krebstiere, Spinnentiere, Tausendfüßer, Insekten (Saal 24)

Die Gliederfüßer sind ein außerordentlich erfolgreicher Tierstamm, der alle Lebensräume erobert hat. Der Großteil des Saales ist der ungeheuren Artenvielfalt der Insekten gewidmet.


In den Wandvitrinen werden Krebstiere, Spinnentiere und Tausendfüßer präsentiert. Anhand der systematischen Aufstellung heute lebender Insekten kann der Weg der Evolution verfolgt werden – von den Urinsekten bis zu den Schmetterlingen.

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Sammlung

Gliederfüßer umfassen Hexapoden (Insekten), Tausendfüßer, Spinnentiere und Krebstiere. Ihr gemeinsames Merkmal sind der Besitz eines Außenskeletts, einer Gliederung des Körpers und spezieller Beine/Extremitäten.
Die Sammlung im NHM Wien umfasst mehr als 12 Millionen Individuen, die sich in den Sammlungsräumen „hinter den Kulissen“ befinden. Ausgestellt sind ein paar Tausend, was insgesamt weniger als 1% des wissenschaftlichen Sammlungsumfangs ausmacht.

Die wissenschaftliche Tausendfüßer-Sammlung am NHM Wien zählt zu den drei größten der Welt!
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Highlights

Marienkäfersammlung 
von Ernst Grundmann
Anatis ocellata. Coccinellidae. Spezialsammlung von Ernst Grundmann. 1970.
Akribisch geführte Privatsammlungen wie die Marienkäfer-Spezialsammlung von Ernst Grundmann sind für die Forschung an naturhistorischen Museen von unermesslichem Wert.
 
Stubenfliege
Musca domestica. Nachbildung aus Gips. Um 1950.
Im Gegensatz zu den heute üblichen, oft riesigen Kunststoffmodellen, ist diese detailgetreue, 65-fach vergrößerte historische Nachbildung einer Stubenfliege aus Gips ein Unikat.
 
Diorama eines Au-Weihers
Insektenkundliche Abteilung des NHM Wien. 2004.
Lebensraumdarstellungen finden sich in vielen Museen. Die Anpassung an das historische Ambiente und die optische Verknüpfung von Diorama und Vitrine sind jedoch einzigartig.
 
Geißelspinne
Charinus ioanniticus. Rhodos, Griechenland. 1959.
Diese Geißelspinne ist die erste und einzige Geißelspinnen-Art, die in Europa gefunden wurde. 
Sie wurde erst 1959 von einem Wissenschafter des NHM Wien entdeckt.
 
Asselspinne mit Jungen
Nymphon robustum. Insel Jan Mayen in der Grönlandsee, Norwegen. 1885.
Asselspinnen zählen zu den rätselhaftesten Tiergruppen; ihre Verwandtschaft ist bis heute nicht geklärt. Besonders Männchen mit Jungtieren sind nur in ganz wenigen Museen zu sehen.
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Gliederfüßer – Krebstiere, Spinnentiere, Tausendfüßer, Insekten

Saal 24 präsentiert eine Auswahl aus den zahlreichen Insektenarten sowie ihre Biologie und Lebensräume.


Vitrine 1-16 und 18-20 beherbergen Krebse. Es gibt unter ihnen Meeres-, Süßwasser- und Landbewohner, winzige Planktontiere wie die Wasserflöhe, aber auch gepanzerte Riesen wie die Seespinnen.
Der Palmendieb (Birgus latro) ist ein tropischer Zehnfußkrebs (Decapode), der zum Landleben übergegangen ist.

Die Boxerkrabbe (Lybia tesselata) packt bei Gefahr mit jeder Greifschere eine Seeanemone und streckt sie dem Angreifer entgegen (daher der Name). Dieser lässt sich durch die giftigen Nesselkapseln meist abschrecken und ergreift schnell die Flucht.
 
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Tausendfüßer (Vitrine 17) erkennt man an ihren vielen Beinen, aber Tausend sind es nie. Der Riesenskolopender (Scolopendra gigantea) lebt in den Tropen Brasiliens und macht nachts Jagd auf Insekten, Frösche, kleine Reptilien und sogar Mäuse. Seine Beute tötet er durch einen kräftigen Biss seiner Kieferfüße, die mit großen Giftdrüsen versehen sind.
 
Vitrine 21-25 und 25A zeigen Spinnentiere. Zu ihnen zählen unter anderem die Pfeilschwanzkrebse, die Skorpione, die Webspinnen, die Pseudoskorpione, die Weberknechte und die Milben, zu denen auch die Zecken gehören.

Pfeilschwanzkrebse (Xiphosura) sind keine Krebse, sondern Spinnentiere. Die urtümlichen Meerestiere waren im Erdaltertum weit verbreitet – heute gibt es nur noch vier Arten (lebende Fossilien). Sie kommen an der Ostküste Nordamerikas und in Südostasien vor. Skorpione (Scorpiones) gehören zu den bekanntesten und am meisten gefürchteten Spinnentieren. Ihre mächtigen Scheren nutzen sie für ihre Beutetiere (Insekten, Spinnen, Hundertfüßer); ihren Giftstachel am Schwanzende setzen sie nur zur Verteidigung ein.
 
Vogelspinnen (Theraphosidae) gelten zu Unrecht als besonders giftig. Das Gift ist meist schwach; der Biss alleine kann jedoch schmerzhafte Wunden verursachen. Sie ernähren sich von Insekten und kleinen Amphibien (selten Vögel).
Mit einer Körperlänge von bis zu 4 cm ist die Südrussische Tarantel (Lycosa singoriensis) die größte Spinne Mitteleuropas. Als typischer Steppenbewohner kommt sie in Österreich vor allem im Seewinkel (Burgenland) vor.
Kreuzspinnen (Araneus) gehören zu den bekanntesten Spinnenarten Österreichs. Durch die Kreuzzeichnung am Hinterleib sind sie leicht zu erkennen. Die Gartenkreuzspinne (Araneus diadematus) ist der häufigste Vertreter und vertilgt Insekten.
 
Weltweit gibt es 31 Arten von sogenannten Echten Witwen (Latrodectus), in Europa ist vor allem die Europäische Schwarze Witwe (Latrodectus tredecimguttatus), die im Mittelmeergebiet weit verbreitet ist, bekannt. Sie ist eine kleine, schwarz gefärbte (mit roten Flecken versehene) Kugelspinne, die ihr Netz in Bodennähe an Pflanzen und Steinen anlegt.
Vitrinen 80 – 93 zeigen Käfer. In der Klasse der Insekten ist die Ordnung der Käfer (Coleoptera) mit über 380.000 Arten die artenreichste. Jedes Jahr werden von WissenschafterInnen hunderte neue Arten beschrieben.
Gelbrandkäfer (Dytiscus marginalis) sind sehr gute Schwimmer und Flieger. Sowohl der Käfer als auch seine Larve leben räuberisch – sie besitzt dolchartige Oberkiefer.
Der Herkuleskäfer (Dynastes hercules) kommt in Zentralamerika vor und ist einer der größten Käfer der Welt. Er ist Rekordhalter im Gewichtheben und kann das 850-fache seines Körpergewichts auf dem Rücken tragen.
Der größte Käfer der Welt ist der Riesenbockkäfer (Titanus giganteus). Er ist in den tropischen Regenwäldern Südamerikas beheimatet und kann bis zu 20 cm lang werden.
Der Mondhornkäfer (Copris lunaris) ist an seinem auffälligen Horn leicht erkennbar, kommt aber in Österreich nur noch an wenigen Stellen vor.
Hirschkäfer (Lucanus cervus) sind die größten europäischen Käfer. Sie können über 7 cm lang werden und leben meist in der Nähe von Eichen. Hirschkäfer-Männchen sind fast doppelt so groß wie die Weibchen. Ihre Kiefer sind zu gewaltigen „Geweihen“ umgebildet.
 
Schmetterlinge (Lepidoptera) – zu sehen in den Vitrinen 108-121 – bilden mit fast 200.000 beschriebenen Arten die zweitartenreichste Insekten-Ordnung. Viele Schmetterlingsflügel glänzen in auffälligen Schillerfarben. Diese entstehen durch Licht-Interferenzen und bleiben auch nach dem Tod des Falters erhalten.
Vogelfalter (Ornithoptera) sind die größten und eindrucksvollsten Tagfalter und leben auf Neuguinea und den benachbarten Inseln. Farbenprächtige Flügel haben allerdings nur die Männchen.
 

 


Zweiflügler (Mücken, Fliegen) sind in den Vitrinen 101-104 zu sehen. Zu den Zweiflüglern (Diptera) gehören Mücken, Schmeißfliegen, Stubenfliegen, Taufliegen, Fleischfliegen, Schwebfliegen, Raubfliegen, Bremsen und Tsetsefliegen.
 
Die Stubenfliege (Musa domestica) kann mit ihrem Tupfrüssel nur flüssige Nahrung aufnehmen. Ihre Eier legt sie auf Exkrementen ab und kann so, durch den ständigen Ortswechsel zwischen Nahrungsmitteln und Exkrementen, zum Überträger von Magen- und Darmerkrankungen werden.
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Flöhe (Siphonaptera, Vitrine 107), können über 20 cm hoch und 35 cm weit springen. Dies ist in Relation zu ihrer Körpergröße eine Höchstleistung.

Hautflügler (in den Vitrinen 94-100) umfassen Bienen, Wespen, Ameisen.
Honigbienen (Apis mellifera) sind Staaten bildende Insekten. Ein Bienenvolk besteht aus einer Königin und 40.000 bis 80.000 Arbeiterinnen, im Frühsommer außerdem aus einigen hundert Drohnen (männlichen Bienen). Im Saal 24 befindet sich im Sommer ein lebendes Bienenvolk, das täglich in den Volks- und Burggarten ausschwärmt. Besucher können Abflug und Heimkehr der Bienen beobachten.
 
Hornissen (Vespa crabro) gehören zu den Großwespen. Sie leben in sogenannten „Hornissenvölkern“ und nur für ein Jahr.
 
Vitrine 53 und 54 zeigen Libellen (Odonata). Libellen und ihre Larven leben räuberisch. Die Mundwerkzeuge der Larve sind zu einer Fangmaske umgebildet. Libellen sind exzellente Flieger und haben riesige, kugelige Augen.
 
Termiten (Isoptera, Vitrine 60) sehen Ameisen ähnlich, sind jedoch weiß. Sie leben in einem komplexen Sozialgefüge mit Tausenden, oft sogar Millionen von Staatenmitgliedern. Königin und König leben ständig zusammen und sorgen für Nachwuchs.
 
Ein Highlight dieses Saales ist das Diorama, das einen ufernahen Ausschnitt aus dem Amazonas-Regenwald mit seiner vielfältigen Insekten-Fauna zeigt. Die südamerikanischen Amazonas-Biotope sind die artenreichsten der Welt. Auf Sandbänken finden sich oft Massen an Schmetterlingen, die dort Wasser und Nährsalze aufnehmen.
 
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Spinne des Jahres 2021

Zweihöcker-Spinnenfresser

Ero furcata

 
Steckbrief

Mit einer Körperlänge von 2,5 – 4,8 mm zählt der Zweihöcker-Spinnenfresser zu den kleineren Spinnen. Er kommt in ganz Europa vor und lebt meist in der Bodenstreu naturnaher Wälder, aber auch an Waldrändern und unter Sträuchern.

Er ernährt er sich ausschließlich von anderen Spinnen, indem er deren Netze aufsucht und sich als Beute ausgibt; ist die Netzinhaberin angelockt, wird sie überwältig und ausgesaugt. 
Der hellbraune Vorderkörper hat in der Mitte eine auffällige schwarze Zeichnung; der kugelig gewölbte Hinterkörper weist dunkle Flecken und vorne die namensgebenden stumpfen Höcker auf.
Untertags versteckt sich der Zweihöcker-Spinnenfresser meist unter Blättern und Zweigen; leichter zu finden sind seine tropfenförmigen Ei-Kokons, die an ca. 15 mm langen steifen Fäden unter Vorsprüngen hängen.

Warum wurde der Zweihöcker-Spinnenfresser zur Europäischen Spinne des Jahres gewählt?

Ausschlaggebend waren seine außergewöhnliche Art, sich Nahrung zu beschaffen, und sein charakteristischer Kokon, der auf die vielseitige Verwendung von Spinnseide und ihre Produktion und Verarbeitung hinweist. Zudem ist es den Wissenschafter*innen wichtig, Daten über die aktuelle Verbreitung zu bekommen.

Machen Sie mit bei der Dokumentation dieser einzigartigen Spinne (oder ihrer Kokons), indem Sie Ihre Fundmeldung inklusive Fotos an senden!

Die Vitrine ist im Saal 24 ausgestellt.
Weblink Arachnologische Gesellschaft.


: (c) Sabine Schmitz
(c) Sabine Schmitz
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