Hallstatt im Früh- und Hochmittelalter

Es gibt keine archäologischen oder historischen Quellen, die die Nutzung des Hallstätter Salzlagers, in welcher Form auch immer, für den Zeitraum zwischen dem 5. und dem 13. Jahrhundert belegen. Auch ist kein einziger frühmittelalterlicher Fund aus Hallstatt bekannt. Aus Ortsnamen, Schrift- und Bodenquellen lassen sich jedoch zahlreiche Indizien zur Situation im Umland von Hallstatt gewinnen.

Allgemeines zum Früh- und Hochmittelalter
Früh- und Hochmittelalter in Hallstatt
Ortsnamen in Salzkammergut
Allgemeine Schrift- und Bodenquellen
Klostergründungen
Rechts- und Handelsgeschichte
Salzproduzenten
 

Allgemeines zum Früh- und Hochmittelalter

Das Frühmittelalter schließt sich an die Wirren der Völkerwanderungszeit an und ist geprägt vom Prozess der Christianisierung. Siedlungsformen und Bestattungswesen änderten sich. Die Menschen lebten vorrangig in vereinzelten Höfen, kleinen Dörfern und Weilern. Nach zahlreichen Epidemien und regelmäßigen Missernten ist generell mit einem Ausdünnen der Bevölkerung im Vergleich zur Römischen Kaiserzeit zu rechnen.
 

Früh- und Hochmittelalter in Hallstatt

Für Hallstatt können wir zur Zeit nicht von einem Überleben antiker Traditionen über das 5. Jahrhundert hinaus ausgehen, vielleicht mit ein Grund, warum bis heute keine Hinweise auf eine Nutzung des Salzlagers im Salzbergtal im frühen und beginnenden Hochmittelalter gefunden worden sind. Dass die Kenntnis der Lagerstätte bekannt blieb, darf vorausgesetzt werden. Kleinräumige Nutzung saurer Wässer, also wilder Sole, ist anzunehmen, wobei der archäologische Nachweis solcher Aktivitäten beinahe unmöglich ist, denn die verwendeten Gefäße werden sich nicht oder kaum von den sonst benutzten Behältern unterschieden haben. Am Ende des 13. Jahrhunderts tritt dann auch das Gebiet des Hallstätter Salzberges in den Lichtkegel der Geschichtsschreibung, und hier ist es für den Archäologen Zeit, hinter den Bergmann zurückzutreten.
 

Ortsnamen im Salzkammergut

Bei einem Blick in die siedlungsgünstigeren Landstriche traunabwärts sowie südlich des Salzkammergutes und an den anderen Salzkammergutseen zeigt sich ein vielfältigeres Bild. Hinweise auf Romanen, die zumindest bis in die Zeit der Eingliederung dieses Gebietes ins bajuwarische Herzogtum sprachlich als solche kenntlich geblieben und nicht abgewandert sind, können in den echten „Walchen“- Namen gesehen werden, die im zu behandelnden Gebiet am Nordufer und nördlich des Attersees vorkommen: Walchen, Seewalchen, Ehwalchen und vielleicht Einwalchen, wobei die Ursache für dieses Überleben in der Nähe zu Salzburg, dem antiken Iuvavum zu sehen sein dürfte, für das eine bedeutende romanische Bevölkerung im Frühmittelalter durch verschiedene Indizien erschlossen werden kann. Slawische Ortsnamen finden sich hingegen im Süden des Salzkammergutes, etwa zwischen dem Nordufer des Hallstätter Sees und Bad Ischl, sowie Flurnamen in der Gegend um Bad Aussee.
 

Allgemeine Schriftquellen und Bodenquellen

Gräberfelder, die entweder den Landesausbau durch bajuwarische Immigranten oder die Angleichung der bodenständigen Bevölkerung an die materielle und ideelle Kultur der Merowingerzeit anzeigen, werden in Oberösterreich ab der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts belegt und beschränken sich auf die Flusstäler in den Voralpen. Die bis dato südlichsten Hinweise auf Gräberfelder sind die Altfunde aus Schöndorf (SG Vöcklabruck) und Frankenmarkt (VB Vöcklabruck) sowie die zerstörten Gräber vom Kirchberg in Attersee, die mit einem agilolfingischen Herzogshof in Zusammenhang stehen könnten. Aus diesem könnte sich die curtis Atarnhova (Atterhof) entwickelt haben, die in zwei Urkunden der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts genannt wird. Für das Jahr 790 gibt es zu Attersee eine Quelle, die Weinbau belegt. Das einzige sicher datierbare Gräberfeld des inneren Salzkammergutes stammt aus Bad Goisern und ist ins ausgehende 8. und vor allem ins 9. Jahrhundert, in die Karolingerzeit, zu stellen und ist damit etwas jünger als die bekannten Gräberfelder Krungl und Hohenberg in der Steiermark, die jedoch bereits außerhalb des zu behandelnden Gebietes liegen. Ein weiteres Gräberfeld, das allerdings chronologisch schwierig einzuordnen ist, findet sich in Peiskam bei Ohlsdorf. Hinweise auf die zeitgleichen Ansiedlungen sind spärlich bis nicht vorhanden, da diese zumeist bereits mit den heutigen Orten deckungsgleich sein dürften, also unter den heutigen Siedlungen liegen.
 

Klostergründungen

Klostergründungen stellen in den östlichen und südlichen Randgebieten des bajuwarischen Herzogtums einen der bedeutendsten Faktoren in der politischen und, in der grundlegenden Bedeutung des Wortes, kulturellen Erschließung dar. Die Faktoren, nach welchen der Platz ausgesucht wurde, können nicht zweifelsfrei geklärt werden. Lässt man die in die Legende deutenden Topoi weg, so lassen sich einige Gründe anführen, die eine Rolle gespielt haben können: zum Beispiel Anbindung an das Verkehrsnetz, Abbau von Bodenschätzen oder die Funktion als Zentralort für zukünftige Besiedlung. Oder aber das Gegenteil: Abgeschiedenheit, Rückzug in bewaldete Gebiete, Kontemplation. Hier können wahrscheinlich nur interdisziplinäre Forschungen neue Ansätze erbringen. Woher der Gründungskonvent des Klosters Mondsee, das vom bajuwarischen Herzog Odilo vor 748 gegründet wurde, gekommen ist, ist nicht bekannt; zur Auswahl stehen Monte Cassino, Salzburg oder Regensburg. Nach dem Sturz des letzten agilolfingischen Herzogs Tassilo III. wird Mondsee 788 Reichsabtei und fällt vor 837 an den Regensburger Bischof. Das Skriptorium zählt im frühen Mittelalter zu den bedeutendsten seiner Zeit, und vielleicht wurde auch der berühmte Tassilokelch hier gefertigt. Eine erste Abtei am Traunsee, die abbacia Trunseo, soll in Altmünster um 909 errichtet worden sein. Diese Abtei war wohl in den Ungarneinfällen des 10. Jahrhunderts untergegangen. In die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts fällt die Gründung des Frauenklosters Traunkirchen durch die Grafen von Raschenberg-Reichenhall, zu deren Besitz später auch die Pfarre Hallstatt gehörte.
 

Rechts- und Handelsgeschichte

Kaiserin Elisabeth löst dem Kloster 1312 grundherrliche Rechte in Hallstatt ab, neben Wege- und Holzrechten auch die Gerichtsbarkeit und Siederechte. Wie weit diese Rechte des Klosters zeitlich zurückreichen, also ob und seit wann das Kloster Traunkirchen in Hallstatt Salz gesiedet hat, kann nicht gesagt werden. Für die Rechts- und Handelsgeschichte des frühen Mittelalters liegt mit der Raffelstettner Zollordnung eine herausragende Quelle aus den Jahren um 905 vor. In dieser Niederschrift werden neben den Zöllen im bairischen Ostland auch die Waren genannt, die gehandelt wurden. Hier nimmt Salz die prominenteste Stelle ein, wobei unterschieden wird zwischen Salz für den Eigengebrauch und Salz als Handelsware. Danach folgen Wachs, Sklaven und Pferde. Es werden Schiffe aus den westlichen Gebieten genannt, die in Linz ihren Zoll in Salz bezahlen müssen. Das Salz stammt wahrscheinlich aus den Reichenhaller Salinen in Bayern. Dem hier behandelten Gebiet stehen „naves, que de Trungove sunt “ näher. Nachdem sie im Anschluss an Salzkarren, die auf dem rechtmäßigen Handelsweg durch die Furt der Enns fahren, genannt werden, ist anzunehmen, dass auch sie Salz geladen hatten. Nun ist der geographische Begriff Traungau nicht scharf zu umreißen, die Ostgrenze kann jedoch entlang der Enns angenommen werden. Woher die Schiffe aus dem Traungau kommen, wird in der Zollordnung nicht angeführt.
 

Salzproduzenten

In der Forschung wird davon ausgegangen, dass das Salz aus der 777 in der Gründungsurkunde des Klosters Kremsmünster genannten Saline, die im heutigen Pfarrkirchen, Gemeinde Bad Hall, lokalisiert wird, stammt.  Weitere genutzte salzhaltige Quellen werden für den Königshof in Villach für das Jahr 979 genannt, und dem Kloster Admont wird bei seiner Gründung im Jahr 1074 eine Salzquelle geschenkt, die bereits für das Jahr 931 belegt ist. Für die Steiermark können vier weitere Salzstellen angeführt werden, die vor dem Beginn des hochmittelalterlichen Bergbaus genutzt wurden. Es sind dies die Salinen Halltal bei Mariazell (erwähnt im Jahr 1025), Grauscharn bei Pürgg (1182), Weißenbach bei St. Gallen (1152?) und Ahorn, Altaussee (1147). Für den Bereich Michelhall an der Westseite des Sandlings kann eine Nutzung vor dem hochmittelalterlichen Bergbau angenommen werden, und zwei weitere Nennungen (Aigen, Berg Gülch) sind nicht genau lokalisierbar. Die Jahreszahlen geben nur Nennungen in Dokumenten an, die Nutzung der Quellen kann bedeutend älter sein. An Hand der für Reichenhall überlieferten Quellen lässt sich der Produktionsvorgang des Salzes in einer frühmittelalterlichen Saline folgendermaßen rekonstruieren: die Betriebseinheit ist die Pfanne, patella. Mittels Galgen, ein an die Brunnen der Puszta erinnerndes Gerät, wird aus dem putiatorium (Brunnen) die Sole zuerst auf die Pfannen gehoben, dort auf etwa 20% Salzgehalt gradiert und in fornaces (Öfen) versotten. Aus den Urkunden zu Reichenhall kann auf Grund der überlieferten Namen von einem hohen Anteil an Menschen ausgegangen werden, die in romanischer Tradition lebten. Vielleicht hängt die Salzgewinnung am Untersberg mit dieser Bevölkerungsgruppe ursächlich zusammen.
: Frühmittelalterliche Fundorte im Salzkammergut. (Bild: K. Löcker - D. Ruß)
Frühmittelalterliche Fundorte im Salzkammergut. (Bild: K. Löcker - D. Ruß)
: Frühmittelalterliche Scheibenfibel mit Tierdarstellung aus dem Gräberfeld Bad Goisern (Foto: A. Schumacher - BDA)
Frühmittelalterliche Scheibenfibel mit Tierdarstellung aus dem Gräberfeld Bad Goisern (Foto: A. Schumacher - BDA)
: Ein Armreifenpaar aus dem Gräberfeld Bad Goisern. Armschmuck dieses Typs tritt das gesamte Mittelalter hindurch auf, vor allem zwischen Alpenhauptkamm und Donau sowie an Rhein und Neckar. (Foto: A. Schumacher - NHM)
Ein Armreifenpaar aus dem Gräberfeld Bad Goisern. Armschmuck dieses Typs tritt das gesamte Mittelalter hindurch auf, vor allem zwischen Alpenhauptkamm und Donau sowie an Rhein und Neckar. (Foto: A. Schumacher - NHM)
: Kleidungszubehör, Schmuck und Werkzeug aus dem Gräberfeld Bad Goisern: ein Glasknopf, Fingerringe, eine Gürtelschnalle, ein Feuerschläger sowie ein Messer. Gegenstände dieser Art stellen die Masse der Funde aus Gräberfeldern karolingischer Zeitstellung. (A. W. Rausch - NHM Wien)
Kleidungszubehör, Schmuck und Werkzeug aus dem Gräberfeld Bad Goisern: ein Glasknopf, Fingerringe, eine Gürtelschnalle, ein Feuerschläger sowie ein Messer. Gegenstände dieser Art stellen die Masse der Funde aus Gräberfeldern karolingischer Zeitstellung. (A. W. Rausch - NHM Wien)
  
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