Hallstatt in der Römerzeit

Obwohl die Römer um die Zeitenwende unten am See, im heutigen Ortsteil Lahn, eine ausgedehnte Siedlung anlegten, fehlen vor Ort Hinweise auf einen römischen Bergbau. Darum geht die Wissenschaft davon aus, dass die Siedlung der Jüngeren Eisenzeit auf der Dammwiese und das jünger-eisenzeitliche Westgruppenrevier bis in römische Zeit Bestand hatten und dass sich die Römer darauf beschränkten, den Salzhandel zu kontrollieren.

Allgemeines zur Römerzeit
Siedlung der Römerzeit in Hallstatt
Römische Gräber
Bedeutung und Funktion der römerzeitlichen Siedlung
Ende der römerzeitlichen Siedlung
 

Allgemeines zur Römerzeit

Das norische Königreich, das regnum noricum, welches große Teile des heutigen Österreich umfasste, wurde um Christi Geburt ohne kriegerische Auseinandersetzungen per Vertrag eng an das Römische Reich gebunden. Die keltische Elite erhielt Privilegien und konnte vorerst auch weiterhin die Verwaltung jenes Gebietes leiten. Erst in der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. wurde unter Kaiser Claudius die eigenständige Provinz Noricum geschaffen, mit einer militärischen Besatzung in Form von Kastellen entlang der Donau. Diese Verteidigungslinie bildete fortan die Nordgrenze der Provinz. Im Hinterland, also auch in Hallstatt, entfaltete sich das zivile Leben ohne nennenswerte militärische Präsenz. Viele ehemalige keltische Höhensiedlungen wurden aufgegeben, Städte und kleinere Siedlungen wurden nach römischem Schema in den Ebenen angelegt. Möglicherweise hat diese Entwicklung auch in Hallstatt stattgefunden.
 

Siedlung der Römerzeit in Hallstatt

Während der für Hallstatt so bedeutende Salzbergbau der späten Bronzezeit und der Eisenzeit reiche archäologische Zeugnisse im Salzbergtal hinterlassen hat, finden sich die Funde der römischen Zeit hauptsächlich im Tal. Speziell im Bereich des Friedlfeldes/Lahn, aber auch im Ortsteil Hallstatt Markt wurden seit dem 19. Jahrhundert bei verschiedenen Grabungen und Baubeobachtungen römische Mauern und auch Gräber entdeckt. Besonders Friedrich Morton führte in diesem Bereich von 1925 bis 1967 etliche Grabungen durch. Die dabei aufgefundenen Bauten waren in solider Steinbauweise errichtet. Der für die römische Zeit so typische Wohnkomfort mit Fußbodenheizungen und bunt bemaltem Wandverputz der Innenräume konnte auch hier in Hallstatt beobachtet werden: Durch unterirdisch verlegte, bis zu 70 cm breite, gemauerte Heizkanäle wurden die Fußböden der Gebäude erwärmt; diese römische Heiztechnik erfreute sich großer Beliebtheit im gehobenen Wohnbau. Unter den römischen Mauern konnten teilweise auch spätkeltische Keramikfragmente entdeckt werden. Möglicherweise lag also auch schon vor der römischen Okkupation eine kleine Vorgängersiedlung hier am Ufer des Hallstätter Sees. Der antike Name der Siedlung ist nicht überliefert. Es ist auch unklar, wann die römische Siedlung in der Lahn entstand, wohl noch im späten 1. Jahrhundert n. Chr. Ihre Blütezeit lag den Funden zufolge eindeutig im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr.
 

Römische Gräber

Aus dieser Phase stammen auch die Brandgräber, die Heinrich Zabehlicky 1983 untersuchen konnte: 250 m westlich der genannten Wohngebäude wurden im Rahmen einer Notgrabung sieben Brandgräber geborgen. Die Verbrennung der Toten war im 2. Jahrhundert n. Chr. sehr verbreitet; die Leichenbrandreste wurden teilweise mit reichen Beigaben in kleinen Steinkammern beigesetzt. In einem Grab fanden sich 10 Keramikgefäße, ein Glasfläschchen und eine Fibel. Interessant ist bei diesem Grab, dass auf der Hälfte der Gefäße Ritzinschriften angebracht waren. Namen der Verstorbenen ebenso wie die Namen derer, die die Totenopfer erbrachten. Dies ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Diese Ritzinschriften belegen klar, dass der Alphabetisierungsgrad der einheimischen Bevölkerung offenbar schon im 2. Jahrhundert n. Chr. sehr hoch war. Die Übernahme der römischen Kulturelemente, konkret der Schriftlichkeit, war also auch hier in Hallstatt, fernab der großen römischen Städte wie Salzburg (Iuvavum) und Wels (Ovilava ) vollzogen. Weiters belegen uns die durch die Ritzinschriften genannten Eigennamen auch, dass lateinische Namen sehr rasch die alten keltischen Namen abgelöst haben.
 

Bedeutung und Funktion der römerzeitlichen Siedlung

Sowohl die Gebäudereste, die Gräber als auch die hohe Qualität einiger Funde unterstreichen, dass die römische Siedlung doch einigermaßen bedeutend gewesen sein muss. Im Museum Hallstatt befindet sich u. a. ein Relief mit Darstellung des Herakles, das beim Abbruch der Waisenhauskapelle am Marktplatz geborgen wurde. Die Funktion der römischen Siedlung ist nicht eindeutig zu bestimmen. Ob sie mit dem Salzbergbau in Zusammenhang steht, lässt sich (noch) nicht klar beantworten. Denn es fehlen bislang konkrete Belege für römerzeitlichen Salzbergbau in Hallstatt. Entweder wurde der Salzabbau am Ende der Eisenzeit überhaupt aufgegeben, oder die Archäologie hat die Spuren des römischen Bergbaus noch nicht entdeckt.
 

Ende der römerzeitlichen Siedlung

Im 4. Jahrhundert n. Chr., als das Römische Reich infolge von Wirtschaftskrisen und der beginnenden Völkerwanderung immer stärker unter Druck geriet, ist auch in der römischen Siedlung von Hallstatt eine deutliche Veränderung bemerkbar. Einige der beschriebenen römischen Bauten lagen bereits in Schutt und Asche. In diese Schuttschichten wurde jedoch weiterhin bestattet: Nunmehr wurden die Verstorbenen nicht mehr verbrannt, sondern Körperbestattungen vorgenommen. Als Beigaben fanden sich grautonige Töpfe, Gürtelteile mit Bronzebeschlägen, Haarnadeln aus Bein und Glasgefäße. Insgesamt 27 dieser spätantiken Grabgruben durchschlagen den Schutt von nur zwei antiken Ruinen in der Lahn. Dieser Umstand belegt, dass die Siedlung zwar verkleinert wurde, jedoch weiter existierte. Der Übergang von der römischen Phase zum Frühmittelalter ist für Hallstatt nicht geklärt. Im Jahr 488 n. Chr. wird unser Gebiet offiziell geräumt, die letzten Militärstützpunkte werden aufgegeben, die zivile Verwaltung, die Beamtenschaft, abgezogen. Es ist jedoch gut vorstellbar, dass vor allem ärmere Bevölkerungsgruppen, die andernorts im untergehenden Römischen Reich, vor allem in Italien selbst, erst recht nur Fremdherrschaft und Unfreiheit erwartet hätte, an Ort und Stelle verblieben sind. Dies belegen neben wenigen archäologischen Funden insbesondere einige Flurnamen, die auf spätlateinische Wurzeln zurückgehen und von den „Restromanen“ des 5. Jahrhunderts bis heute überliefert wurden, wie beispielsweise die echten „Walchen“- Namen: Walchen, Seewalchen, Ehwalchen und möglicherweise Einwalchen.


: Fragmente von mehrfarbig bemaltem Wandverputz römischer Zeit aus Hallstatt (Foto: A. W. Rausch - NHM Wien)
Fragmente von mehrfarbig bemaltem Wandverputz römischer Zeit aus Hallstatt (Foto: A. W. Rausch - NHM Wien)
: Römische Glasgefäße waren als importierte Luxuswaren auch sehr beliebt als Grabbeigaben. (Foto: A. W. Rausch - NHM Wien)
Römische Glasgefäße waren als importierte Luxuswaren auch sehr beliebt als Grabbeigaben. (Foto: A. W. Rausch - NHM Wien)
  
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