Polzberg – eine Konservat-Lagerstätte von Weltruf

ÖAW Polzberg Lukeneder, Land NÖ K3-F-964/001-2020

Ein internationales Team um den NHM Wien-Paläontologen Dr. Alexander Lukeneder erforscht in den kommenden 2 Jahren eine der größten Umweltkatastrophen der Erdgeschichte. Ein weltweiter Klimawandel führte vor 233 Millionen Jahren zu einem gigantischen Massensterben in den Meeren des Mesozoikums. Die unter dem Namen Karnische Krise bekannte Phase kann auch bei Lunz am See beobachtet werden.

Projektleiter: Priv. Doz. Dr. Alexander Lukeneder

 

Zeitraum: 3/2021 – 12/2022


Förderinstitution: Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW; Geo/Hydro Science Nationalkomitee) und Land Niederösterreich (Land NÖ)


Publikationen:

Lukeneder, P. and Lukeneder, A. 2022. Comment on “Triassic coleoid beaks and other structures from the Calcareous Alps revisited” by Doguzhaeva et al. (2022). Acta Palaeontologica Polonica, 67, online 28. November 2022. https://doi.org/10.4202/app.01016.2022
 
Lukeneder, A. and Lukeneder, P. 2022. Taphonomic history and trophic interactions of an ammonoid fauna from the Upper Triassic Polzberg palaeobiota. Scientific Reports, 12, 7455 (2022). https://doi.org/10.1038/s41598-022-11496-y

Lukeneder, P. and Lukeneder, A. 2022. Mineralized belemnoid cephalic cartilage from the Late Triassic Polzberg Konservat-Lagerstätte (Austria). PLOS ONE, PLOS ONE, 17(4): e0264595.  https//doi.org/10.1371/journal.pone.0264595

Data associated with research paper in PLOS ONE – data repository:
 
Lukeneder, A. and Lukeneder P. 2021. The Upper Triassic Polzberg palaeobiota from a marine Konservat-Lagerstätte deposited during the Carnian Pluvial Episode in Austria. 
Nature Research, Scientific Reports, 11, 16644 (2021). https://doi.org/10.1038/s41598-021-96052-w

Lukeneder, A., Surmik, D., Gorzelak, P., Niedzwiedzki, R., Brachaniec, T. and Salamon, M.A. 2020. Bromalites from the Upper Triassic Polzberg section (Austria); insights into trophic interactions and food chains of the Polzberg palaeobiota. Scientific Reports 10, 20545 (2020). https://doi.org/10.1038/s41598-020-77017-x

Zwei Projekte – ein Ziel

Hauptziel der vielfältigen und modernen Untersuchungen ist ein Gebiet nördlich von Lunz am See. In diesem Bereich der Nördlichen Kalkalpen sind überwiegend Gesteine der sandigen Lunz Formation aufgeschlossen. Diese sind durch das Auftreten der triassischen Lunz Flora weltweit bekannt. Unter diesen Kohle-führenden Ablagerungen treten die feingeschichteten Reingrabener Schichten auf. Diese schwarzen tonigen Ablagerungen beinhalten eine Konservat-Lagerstätte von Weltruf. Konservat-Lagerstätten zeichnen sich durch besonders gute Erhaltung der eingeschlossenen Fossilien und deren vollständige Erhaltung aus. In den vom Land Niederösterreich (Wissenschaft und Forschung) und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Geo/Hydro Sciences) finanzierten Projekten soll nun diese einzigartige Fossilfundstelle erforscht werden. Seit über 140 Jahren ist die Gegend um Lunz für ihren Fossilreichtum bei Wissenschafter*innen aber auch bei Citizen Scientist bekannt. Auf der Suche nach Kohle wurden schon im späten 19. Jahrhundert um 1880 Stollen in das Gestein getrieben. Die Entdeckung von Fossilien in diesen Stollen war also ein Nebenprodukt der Kohlegewinnung. Die Geologische Bundesanstalt Wien und das Naturhistorische Museum veranlassten daraufhin Grabungen zur Fossilgewinnung. Tausende Fossilen konnten so gewonnen werden, wurden aber nur teilweise bearbeitet und bilde somit die Grundlage der heutigen Untersuchungen. In den marinen Sedimentgesteinen der späten Triaszeit konnten ausgezeichnet erhaltene Ammoniten, Tintenfische, Muscheln, Schnecken, Krebse, Borstenwürmer, verschiedenste Fische als auch ein Lungenfisch und Pflanzenreste entdeckt werden. Die große Diversität der entdeckten Fauna als auch die fantastische Erhaltung der Fossilien dieser Konservat-Lagerstätte machen diesen Fundpunkt zur einzigartigen Möglichkeit die Umwelt der späten Triaszeit bestmöglich zu erforschen und so neue Erkenntnisse zur marinen Vergesellschaftung und des Klimas zu gewinnen. Die einzigartige Stellung dieser niederösterreichischen Spezialität wurde über das letzte Jahrhundert zwar manchmal erkannt, die wissenschaftliche Aufarbeitung fehlt aber bis heute in großen Teilen.
 
Die karnische Krise – der Zusammenbruch

Im Untersuchungsgebiet wurde eine Zeit grundlegender ökologischer Veränderungen während der 2 Millionen Jahre andauernden, globalen Karnischen Krise überliefert. Während dieser Phase kam es zum Zusammenbruch ganzer Ökosysteme. Nach heutiger Sicht führte gewaltiger Vulkanismus in Kanada und in den USA nicht nur zur Ablagerung einer mehr als tausend Meter dicken Schicht aus Basalt sondern auch zu einem enormen Anstieg von CO2 in der Atmosphäre. Das wiederum führte in der späten Triaszeit zu einer starken Klimaerwärmung mit wesentlich feuchterem Klima. Weltweit spülten die monsunartigen Regenfälle Sediment in die Meere und die Riffe erstickten im Schlamm. Die Geochemie der Sedimente und der darin erhaltenen Fossilien erlaubt Rückschlüsse auf Sauerstoffgehalt, Wasserchemie und Meerestemperatur und ermöglicht eine Rekonstruktion der ehemaligen Lebensräume.
So dokumentieren die Gesteine um Lunz am See das dramatische Absterben von Korallenriffen, das Entstehen von sauerstoffarmen Meereswüsten und das Erblühen von dichten Sumpfwäldern als Folge einer drastischen Klimaänderung vor Augen.


Ammoniten aus den Reingrabener Schichten.
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Fossiler Fisch aus den Reingrabener Schichten.
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Fossiler Farn aus den Lunzer Schichten.
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