Theorie zur Rasterelektronenmikroskopie und Röntgenmikroanalyse


Aus historischer Sicht entwickelten sich das Rasterelektronenmikroskop (REM) und der Elektronensonden-Mikroanalysator (EPMA), auch als Elektronenmikrosonde (EMS) bekannt, getrennt. Sie sind jedoch tatsächlich sehr ähnlich und unterscheiden sich hauptsächlich in der Art und Weise, wie sie verwendet werden. Im NHM wird die EMS hauptsächlich für hochpräzise WDS-Messungen und hochauflösende Bildgebung bei hohen Vergrößerungen genutzt. Das REM hingegen wird meist für Bildgebung bei moderaten Vergrößerungen und schnellen EDS Messungen verwendet.
Bei beiden Instrumenten wird die zu untersuchende Oberfläche oder das zu analysierende Mikrovolumen mit einem fein fokussierten Elektronenstrahl bestrahlt. Die Elektronen des Primärstrahls regen die Probe an, verschiedene Arten von Elektronen und Photonen zu emittieren, die von verschiedenen Detektoren gesammelt und zur Abbildung der Probenoberfläche sowie zur chemischen Analysen verwendet werden können.
 
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Wechselwirkung zwischen Probe und Elektronenstrahl
Wenn ein Strahl beschleunigter Elektronen auf die Oberfläche einer Probe fokussiert wird, treten starke elastische und unelastische Streuwechselwirkungen zwischen den hochenergetischen freien Elektronen und den Atomen der Probe auf. Dadurch entstehen verschiedene Arten von Elektronen und Photonen die die Probe wieder verlassen. Die in unseren Laboren genutzten sind in der folgenden Abbildung dargestellt.

Sekundär (SE)- und Auger (AE)-Elektronen sind niederenergetisch, sie liefern Informationen über die Topographie und chemische Zusammensetzung der obersten ~50 nm der Probe. Rückstreuelektronen (BSE) haben eine höhere Energie. Sie dringen tiefer ein als Sekundär- und Auger-Elektronen und liefern so Informationen über die mittlere Ordnungszahl der Probe aus einem größeren Probenvolumen. Zusätzlich können diese Elektronen zur Elektronenrückstreubeugung (EBSD) verwendet werden, um die kristallographische Orientierung verschiedener Phasen zu ermitteln.
In der Probe werden zwei verschiedene Arten von Röntgenstrahlen erzeugt, die niederenergetische charakteristische Röntgenstrahlung und die hochenergetische Bremsstrahlung. Die charakteristische Röntgenstrahlung gibt Auskunft über die chemische Zusammensetzung des analysierten Volumens. Zusätzlich zu den verschiedenen Arten von Elektronen und Röntgenstrahlen wird Licht von der Probe emittiert. Die sogenannte Kathodolumineszenz (CL) wird verwendet, um strukturelle Informationen über die Phasen zu erhalten.
Diese Elektronen und Photonen werden in spezifischen Anregungs- und Austrittsvolumina in der Probe erzeugt. Die Größe des Volumens ist eine Funktion der Energie der einfallenden Elektronen (je höher die Energie, desto größer das Volumen) und der Dichte der Probe (je höher die Dichte, desto kleiner das Volumen).


Röntgenstrahlenerzeugung
Um charakteristische Röntgenstrahlung in der Probe zu generieren, muss zunächst ein Atom angeregt werden. Dies geschieht bei der EMS und beim REM durch den Beschuss mit Elektronen. Dabei wird ein Elektron aus einer der inneren Schalen des Atoms herausgeschlagen. Ein derartiger Zustand ist instabil und die entstandene 'Lücke' wird sofort durch ein energiereicheres Elektron aus einer weiter außenliegenden Schale aufgefüllt. Die Energiedifferenz wird in Form eines Röntgenquants frei.
Die dadurch entstandene Röntgenstrahlung ist charakteristisch für den jeweiligen Übergang und das Atom, also das Element.

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Bei einem solchen Beschuss sind verschiedene Übergänge möglich, je nachdem, aus welcher Schale das energiereichere Elektron kommt und in welcher Schale die 'Lücke' aufzufüllen ist. So entstehen Röntgenquanten die mit Kα, Kβ, Lα usw. bezeichnet werden. Die Energie einer Röntgenlinie (Lage der Linie im Spektrum, siehe unten) ist der Indikator dafür, um welches Element es sich handelt. Die 'Intensität' der Linie hängt von der Konzentration des Elementes innerhalb der Probe ab. Ungefähr 80% der Röntgenstrahlung besteht jedoch aus Röntgenstrahlen, die durch einen anderen Prozess erzeugt werden.
Die so genannte Bremsstrahlung entsteht, wenn ein Primärelektron in der Nähe eines Atomkerns kommt und dort abgebremst sowie abgelenkt wird. Die durch die Ablenkung freiwerdende Energie wird als Bremsstrahlungs-Röntgenphoton emittiert. Abhängig davon, wie nahe ein Primärelektron einen Atomkern des Probenmaterials passiert, wird es in unterschiedlich stark abgelenkt und gebremst. Daraus folgt, dass die Energien der Bremsstrahlung alle Werte bis zu einem Maximalwert annehmen können, d. h. das Spektrum der Bremsstrahlung ist kontinuierlich.
Bremsstrahlung enthält keine nützlichen Informationen und begrenzt die minimal nachweisbare Menge eines Elements. Darüber hinaus kann es zu Problemen bei der Bestimmung des Untergrunds für charakteristische Röntgenpeaks (Nichtlinearität) kommen.
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